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Wie verlässlich sind Augenzeugenberichte?

  • rechtswissen
  • 9. Feb.
  • 2 Min. Lesezeit

Augenzeugenberichte gelten in Strafverfahren als wichtiges Beweismittel. Doch wie zuverlässig sind diese Aussagen wirklich? Studien der Rechtspsychologie zeigen, dass menschliche Erinnerung fehleranfällig ist und durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die Probleme und Herausforderungen von Zeugenaussagen sowie deren Bedeutung in der juristischen Praxis.


Fehlerquellen bei Augenzeugenberichten

Die menschliche Wahrnehmung und Erinnerung sind nicht objektiv, sondern unterliegen Verzerrungen. Typische Fehlerquellen sind:

  • Wahrnehmungsverzerrungen: Stress, Angst oder schlechte Sichtverhältnisse können dazu führen, dass Zeugen eine Situation falsch erfassen.

  • Erinnerungsverzerrungen: Unsere Erinnerungen sind formbar. Durch Suggestivfragen oder wiederholte Befragungen kann die Erinnerung an ein Ereignis verändert werden.

  • Einflüsse durch andere Personen: Medienberichte, Polizeibefragungen oder Gespräche mit anderen Zeugen können eine ursprünglich unverfälschte Erinnerung nachträglich verändern.

  • Wiedererkennungsprobleme: Besonders problematisch ist die Identifikation von Tatverdächtigen. Falsch identifizierte Personen sind eine häufige Ursache für Fehlurteile.


Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Zuverlässigkeit

Psychologische Studien haben gezeigt, dass Zeugenaussagen nicht immer mit der Realität übereinstimmen. Der bekannte Psychologe Elizabeth Loftus konnte in ihren Experimenten nachweisen, dass Erinnerungen durch nachträgliche Informationen verändert werden können. Zudem zeigen Studien, dass die Überzeugung eines Zeugen nicht zwangsläufig mit der Richtigkeit seiner Aussage korreliert.


Rechtliche Konsequenzen und Maßnahmen zur Verbesserung

Die Justiz hat auf diese Erkenntnisse reagiert und verschiedene Maßnahmen entwickelt, um die Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen zu verbessern:

  • Kognitive Befragungstechniken: Diese Methoden helfen, die Erinnerung möglichst unverfälscht abzurufen.

  • Doppelblind-Identifikationsverfahren: Bei Gegenüberstellungen wissen weder der Zeuge noch der durchführende Beamte, wer der Verdächtige ist, um unbewusste Beeinflussung zu vermeiden.

  • Einsatz von Sachverständigen: Experten für Rechtspsychologie können Gerichte bei der Bewertung von Zeugenaussagen unterstützen.


Fazit

Augenzeugenberichte sind ein bedeutendes Beweismittel, aber sie sind nicht unfehlbar. Die Forschung zeigt, dass Erinnerungen manipulierbar sind und Fehler auftreten können. Daher sollten Gerichte Zeugenaussagen stets kritisch hinterfragen und durch weitere Beweismittel absichern. Die Integration wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Justizalltag kann helfen, Fehlurteile zu minimieren und die Wahrheitsfindung zu verbessern.

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